Trainer und Spieler sind sich einig, dass die Taktik häufig von spielentscheidender Bedeutung für die Leistung im Einzel und Doppel sit. Trotzdem wird das Taktiktrining in der neueren Tennisliteratur nur selten behandelt und es verwundert daher nicht, dass ei vielen Tennistrainern Unklarheit darüber besteht, wie Taktiktraining sinnvoll und erfolgreich durchgeführt werden kann. Jedes taktische Verhalten ist untrennbar verknüpft mit der individuell unterschielichen Qualität der tennistechnischen Fähigkeiten und Fertigkeiten von Spieler und Gegner. Eine isolierte Betrachtung des Taktiktrainings ist daher nicht möglich und vor allem nicht praxisgerecht. Sinnvolles Taktiktrining muss immer auch Technik, Kondition und Psyche von Spielern und Gegner berücksichigen und entsprechendes Techniktraining, psychologisches Training sowie konditionelles Training einschließen.

Die konditionellen Fähigkeiten spielen spätestens dann in der Taktik eine Rolle, wenn nach strategischen Überlegungen - aufgrund der Stärken und Schwächen des Gegners - die Wahl für eine bestimmte Spielweise getroffen wird. So kommt bei der Entscheidung für die Taktik "Nur ,Mondschläge' von der Grundlinie" verstärkt die tennisspezifische Ausdauer ins Spiel, während bei einer Taktikwahl "Serve-and-Volley" vermehrt die Schnelligkeit im Vordergrund steht.

Dieser Zusammenhang soll an einem Beispiel verdeutlicht werden. Es zeigt den chronolgischen Ablauf der taktischen Anforderungen an einen Spieler während des Ballwechsels.

AUSGANGSSITUATION

Ein Spieler spielt den Ball kurz ins Mittelfeld und ermöglicht dem Gegner einen Netzangriff. Der Gegner nutzt nun die Chance und greift mit einem VH-Topspinschlag longline auf die rückhand des Spielers an.

ANTIZIPATION und WAHRNEHMUNG

Der Spieler muss die Absicht des gegnerischen Netzangriffs und dessen Durchführung möglichst frühzeitig und exakt hinsichtlich Richtung, Länge, Drall, Geschwindigkeit und Absprungverhalten des Angriffballs antizipieren und wahrnehmen.

BEURTEILUNG

Der Spieler muss beurteilen, welche Handlungsmöglichkeiten (z. B. Passierball hart longline, Passierball weich kurz cross, defensiver hoher Lob, topspinlob) ihm bleiben und wie die jeweiligen Erfolgsaussichten des eigenen Antwortschlags sind.

ENTSCHEIDUNG

Der Spiele etscheidet sich unter strenger Berücksichtigung der eigenen Fähigkeiten für den zur Lösung der vorgegebenen Situation aus seiner Sicht Erfolg versprechenden Schlag.

HANDLUNGS- BZW. SCHLAGAUSFÜHRUNG

Der Spieler führt die vorgenommene Aktion aus und schlägt den Ball.

BEWERTUNG und VERHALTENSSTEUERUNG

Der Spieler registriert das Ergebnis (Erfolg/Misserfolg) seiner Aktion und bewertet danach die vorangegangenen Phasen.
Taktiktraining besteht also in Anlehnung an diese Phasen darin, dass der Spieler lernt, in einer Spielsituation aus einem Pool zur Verfügung stehender Handlungsmöglichkeiten eigenständig die richtige bzw. erfolgreiche Alternative zu wählen und umzusetzen.